Trennung von betrieblichem Arbeiten, betrieblichem Lernen und schulischem Lernen wirft Probleme auf, insbesondere im Hinblick auf Transfer und Kosten. Daher soll nun das Verhältnis von Arbeiten und Lernen konzeptionell geklärt werden: Im Hinblick auf dessen sinnvolle Organisation, konkretisiert als Organisationslernen.
Entwicklungslinien der Pädagogik:
Stattdessen: Bildungstheorie des Arbeitens muss die Bedingungen zum Objekt des Lernens machen, und sich der Dimension moralischen und ästhetischen Erlebens und Handelns im Prozess der Arbeit öffnen. "Würde der Schöpfung bzw. Subjekthaftigkeit des (... ) Gegenübers" (n. Buber 1965, in Geißler 1998). Hinzu kommt, mit dem arbeitsverbessernden Lernen umzugehen und den Sinnhorizont zu erkennen - dadurch zu einem verlässlichen Motivationsfundament zu kommen.
Unter der (zunächst vereinfachenden) Voraussetzung des "einsamen Akteurs" lassen sich die Wesensmerkmale von Arbeiten und Lernen und deren Zusammenhänge wie folgt darstellen:
Objekt-Referentialität | Subjekt-Referentialität | |
Fremdreferentialität | materielle und immaterielle Objekte sozialtechnologisch bearbeiten | moralisches und ästhetisches Erleben und Handeln im Umgang mit Arbeitsobjekten und Kooperationspartnern |
Selbstreferentialität | an sich selber psycho-technologisch arbeiten | moralische und ästhetische Selbstvergewisserung des eigenen Motivationsfundaments |
Die jeweilige Wissensart ermöglicht das Arbeiten, d.h.:
Erfahrungswissen steht im Zusammenhang mit Wahrnehmen, Konzeptwissen lässt
Analysieren und Bewerten zu, Planungs- und Entscheidungswissen das planen
und entscheiden, das Handlungswissen ermöglicht Handeln und
umgekehrt. Wissenslandkarte.
Das Ganze wird gesteuert durch
Hinzu kommt ein nicht überschreitbarer Rahmen, eine siebte Aktivität:
Dabei geht es um den Umgang mit Nicht-Wissen, auf Deutungsmuster (Aprioris) zu grundlegenden Eigenschaften des Arbeitsgegenstandes in seiner Stellung in der Welt.
Arbeiten ist auf eine bestimmte Weise der Veränderung des Arbeitsgegenstandes gezielt, daher sind die genannten 7 Basisaktivitäten auf bestimmte Qualitätsstandards verpflichtet. Das Subjekt muss diese Qualitätsprüfungen vornehmen. Um bei Defiziten Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln, muss es die Prozesse zwischen sich und dem Arbeitsgegenstand zum Gegenstand von Lernen machen. Dies erfolgt mittels folgender vier Basisaktivitäten:
Arbeiten und Lernen sind wechselseitig aufeinander verwiesen. Beides sind zwar selbstreferentielle Prozesse, die aber ohne fremdreferentielle Komponenten nicht auskommen. Lernen kann
Hinzukommen muss der Glauben oder die Gewissheit über die Sinnhaftigkeit des Lernens.
Wiederum:
Dieses "Lernen zu lernen" kann wiederum sozialtechnologisch vonstatten gehen, indem das Subjekt seine Lernaktivitäten zum Objekt seiner Selbsterziehung macht. Wenn sich das Subjekt die die Frage nach der Sinnhaftigkeit / Richtigkeit beantworten will, muss das Lernsubjekt in die Rolle eines darüber stehenden existentiellen Subjekts schlüpft, und sich nicht zum Objekt seiner selbst macht. Auf der Suche nach dem letztendlichen Sinnhorizont würde sich das Subjekt sonst in einem unendlichen Regress verlieren (Geißler 1998, S. 225).
In einem Spiralprozess provoziert Arbeiten Lernen und führt zu Selbsterziehungslernen, wie umgekehrt Selbsterziehungslernen in Lernen und wiederum in Arbeiten münden müsste. Alle drei Aktiviäten müssen als Einheit betrachtet werden. Allerdings sind das Lernen und das Selbsterziehungslernen funktional, wenn es intentional um Arbeiten geht. (Beispiel: "Eisen erzieht").
Der Zusammenhang von Arbeiten und Lernen kann Probleme aufwerfen, wenn man die Qualitätssicherung durch Lernen bei der Arbeit "nebenbei" erledigen soll, wie solche Anforderungen wie der KVP nahelegen. Damit dies nicht zur Überforderung führt, müssen in den Prozess intentionalen Arbeitens Phasen intentionalen Lernens eingelagert werden, in denen Arbeiten zum Medium wird, die Arbeit funktional im Sinne des Lernens. Die Arbeitszeiten und -hilfsmittel sind dazu nach pädagogischen Gesichtspunkten zu bestimmen, gegebenenfalls muss der Arbeitsort auch verlassen werden. Um die Qualität des Lernens zu sichern, ist funktionales Selbsterziehungslernen erforderlich. Auch dieses muss in den Lernprozess eingelagert werden. Dazu ist der Arbeitsdruck zeitweise zu reduzieren.
Geißler subsumiert soziale
Systeme unter dem Stichwort "Gemeinschaft", von Freundschaft über
Familie bis hin zur Organisation und zum Staat. Soziaologisch ist
die Gemeinschaft
das Pendant zu Gesellschaft definiert (n. Tönnies), wenn nämlich
nicht nur dieselben Wertvorstellungen gegeben sind, sondern das Nützlichkeitsstreben
kaum eine Rolle spielt und es keine formalen Kontrollorgane geben muss.
Ich sehe (mit Parsons) Gemeinschaft als eine Form von expressiv geprägten
Kollektiven.
Darunter fallen Gemeinschaften, Organisationen und Verbände.
Wie bei allen sozialen Systemen entsteht auch in Kollektiven das Problem
der doppelten
Kontingenz, das als Keimzelle sozialer Regeln und Kultur zu interpretieren
ist. Eine "blitzschnelle" Abstimmung muss nur erfolgen, wenn beide Akteure
nicht auf dieselbe Sprache als Voraussetzung gegenseitiger Abstimmung setzen
können. Sprache ist ein Regelwerk, das von nonverbalen Phänomenen
ergänzt die Kommunikation ermöglicht und ständig im Fluss
ist.
In Kollektiven stimmen die Subjekte ihre Arbeits-, Lern- und Selbsterziehungsaktivitäten aufeinander ab, mit Hilfe von Kommunikation. Diese Aktivitäten erfolgen regelhaft in folgender Weise, durch:
zur argumentativen Stellungnahme, --> Planungs- und Entscheidungssystem
in einer Kette. --> Tauschsystem
Übergeordnete Kooperationsaktivitäten bestehen in:
Vertrauen oder Misstrauen --> (Paradigmen/Sinnsystem)
Werden die Regeln überprüft, die das Wesen des Kollektivs ausmachen, handelt es sich um Metakommunikation. Metakommunikation ist also Kommunikation über Kommunikation. Geißler nennt dies Gemeinschaftslernen. Die Stimmigkeit zwischen den vereinbarten Kommunikationsregeln muss zum Maßstab der Metakommunikation gemacht werden. Funktionales Gemeinschaftslernen bezieht sich auf die Mitglieder der Gemeinschaft als Arbeitssubjekte und deren Kooperation. Es ist sehr anspruchsvoll. Metakommunikative Qualitätssicherungsaktivitäten können in den Arbeitsprozess nur integriert werden, wenn sie die sozialen Regeln nur in Details thematisieren. Für grundlegende Erneuerungen ist es notwendig, dazu den Arbeitsplatz zu verlassen. Es ist Aufgabe der allgemein- und berufsbildenden Schulen, hierzu Raum zur Verfügung zu stellen. Es müssen metakommunikative Kompetenzen erlangt werden.
Arbeitsgruppen in Organisationen sind weniger durch die
als durch die vorherrschenden organisationalen Ordnungsregeln bestimmt. Dazu gehören:
Hinzu kommen
Damit Arbeitsgruppen eine Metakommunikation ermöglicht wird, sind bestimmte Voraussetzungen erforderlich. Ziel ist es, die gemeinsame Arbeit zu verbessern und Gewinne /Risiken gerechter zu verteilen. Damit das motivationale Fundament der Arbeit zu sichern und zu verbessern, ist Aufgabe von PE-Abteilungen, in Workshops, Projektgruppen, Qualitätszirkeln etc. Sowohl die lernförderlichen als auch die lernhinderlichen Faktoren sind zu thematisieren.
Kollektive bilden eine Arbeitsgemeinschaft, wenn sie in ihrer Unternehmenseinheit eine Wertschöpfungs-, Wertdistributions- und Risikogemeinschaft bilden. In der Reflexion der Lernprozesse bilden sie darüber hinaus eine Lern- und Selbsterziehungsgemeinschaft. Statt Bildungscontrolling zu betreiben, ist die metakommunikative Evaluation intentionalen und funktionalen Lernens erfolgversprechender (n. Geißler 98).
Wertschöpfungs-, Wertdistributions- und Risikogemeinschaften sind ebenso wie Lern- und Selbsterziehungsgemeinschaften Kulturgemeinschaften, die in ihrer Arbeit und ihrem Lernen Normen und Werte dokumentieren. Damit wird ihre Kultur definiert, n. E. Schein handelt es sich um "basic assumptions". Es handelt sich um Arbeits- und Lernaktivitäten, die als Glauben bzw. Operieren mit Deutungsmustern beschrieben werden und das organsationskulturelle Sinnsystem bilden. Wer wieviel in welchem Bereich lernt, und wer mehr oder weniger lernresistent ist, sagt sehr viel über die Organisationskultur aus. Normen und Werte zu diskutieren, bedeutet, sich mit Fragen der Wirtschafts- und Unternehmensethik zu befassen. In der der postkonventionellen Gesellschaft kann man keine substantiellen Normen und Werte finde, die allgemeine Geltung beanspruchen können. Lediglich Verfahrensnormen mit allgemeiner Geltung lassen sich finden. Diese metakommunikativen Ansprüche finden sich im Konstrukt des herrschaftsfreien Diskurses (K.O. Apel /J. Habermas). Es handelt sich um ein Ziel, nicht jedoch um eine Voraussetzung von Organisationsentwicklung. Um strittige Werte und Normen auf diese Weise zu klären, müssen sich die Subjekte selbst auf die Suche nach ihrem existentiellen Sinnhorizont machen. Es handelt sich um die subjektiv-selbstreferentielle Komponente einer zukunftsweisenden Berufspädagogik. Mit dieser Wendung lässt sich die Bildungstheorie des Arbeitens, Lernens und Selbsterziehungslernens mit einer Bildungstheorie der Organisation verbinden. In deren Mittelpunkt sollte ein ethisch reflektiertes, existentiell-ästhetisch überprüftes Organisationslernen stehen.
Für die Besinnung auf eigene Normen und Werte (als Kern der eigenen Identität) ist in Betrieben normalerweise kein Raum. Arbeitsmotivations- und innovationsstiftende Verfahren lassen sich gut im Medium der Kunst (Betrachtung / Handeln) verwirklichen (Geißler 98, n. Brater u.a.).
Wenn sichergestellt ist, dass die Teilnehmer Klarheit über ihre
eigenen Normen haben, können sie in einen Diskurs eintreten und in
argumentativer Rede und Gegenrede ihre eigenen Vorstellung überprüfen
und weiterentwickeln. Referenzbereiche sind die Gruppe, die Organisation
und ihre Beziehung zur Gesellschaft insgesamt.
Individuelle Aktivitäten | Kooperation ohne Metakommunikation, sich seiner selbst nicht bewusst | Metakommunikation; sich selbst / ihre Regeln thematisierende Gruppe / Gemeinschaft / Organisation |
Handeln/Arbeiten | Gestaltung | " |
Lernen und Lernen des Lernens (= Selbsterziehung) |
Lernen, Erziehung und Selbsterziehung | " |
Identitätslernen | Kultur | " |
Die
"klassische" Hermeneutik: Verstehen als Methode
Verstehen: die Bedeutung von Zeichen erfassen
"Wir nennen den Vorgang, in welchem wir aus Zeichen, die von außen
sinnlich gegeben sind, ein Inneres erkennen, Verstehen."
(Dilthey 1958, Bd. V, S. 318):
"Man muss immer schon in der Sprache leben und die anderen Menschen
verstehen, bevor man über Sprache nachdenkt" (Tschamler 1978, S. 32).
Hermeneutisches Verstehen hat ... hat Prozesscharakter (Roth 1991,
S. 38), es wird als hermeneutischer Zirkel bezeichnet.
Vorverständnis --> Fragestellung --> Vergleich mit dem "Text" --> Erweitertes Verständnis und Kontexteinbindung --> Neuer Textbefund --> Präzisierung / Veränderung der Fragestellung |
(n. Gudjons)
KVP:
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (vgl. Kaizen)
Quellen:
© Claus-Henning Ammann 2002, www.multimedia-pflege.de