Rationalität (n. Habermas 1995)

Mythisches vs. rationales Weltverständnis; Rationalisierung als Verdinglichung
 

Erkennen des Seins, mit Hilfe der Vernunft.
Philosophische Letztbegründungen gescheitert, daher Soziologie. Prüfen an der Evidenz von Gegenbeispielen. Rationale Nachkonstruktion von Sinn. Sinnverstehen und Handlungstheorie sind die Grundlagen. Sinnverstehen: method. Grundlage/Weltbilder, Handlungstheorie: Lebensführung. Nach Weber: Subjekt erfolgsorientiert, objektiv: richtig. Wissen kann also mit Ja/nein daran gemessen werden, ob es Wahrheit ('Sein') oder Erfolg ('Sollen') beinhaltet. Die Rationalität von Äußerungen bemisst sich an ihrer Kritisierbarkeit und Begründungsfähigkeit. Sie kann kognitiv-instrumentell oder kommunikativ/argumentativ sein. (krit. Zwischenfrage: lässt sich dieser Widerspruch nicht lösen?).
Eine Behauptung kann zum einen von einem kommunikativen Sprecher, zur Verständigung mit einer anderen Person (illokutionäres Ziel), zum anderen von einem instrumentell orientieren Aktor eingesetzt werden, um erfolgreich in der Welt zu intervenieren. Rationalität bedeutet sowohl, von der Welt auszugehen, wie sie ist, und als Realist zweckmäßig zu handeln, als auch die objektive Welt zu transzendieren, als Phänomenologe Welt als Problem zu reflektieren. Im letzteren Fall ergibt sich die Gültigkeit durch Austausch in einer Kommunikationsgemeinschaft. Kommunikative Rationalität bildet den Überbegriff, phänomenologisches und kognitiv-instrumentelles Handeln in gesellschaftlicher Kooperation zu verbinden: Als Realist mit einer dezentrierten Wahrnehmung Manipulationen durchzuführen, und  als Phänomenologe die intersubjektive Verständigung zu suchen. Als Realist seinen Spielraum zu vergrößern, und als Phänomenologe seine Unabhängigkeit zu bewahren.
Rational ist ein Verhalten, sich von Illusionen über sich selbst frei zu machen, irrational hingegen ist die Selbsttäuschung. Durchschauen von Beschränkungen der Argumentation, ob es sich um kognitive, moralische, ästhetisch-praktische Argumente oder therapeutische Kritik handelt. Rationalisierung vollzieht vorrangig an an den Strukturen der Lebenswelt, weniger an den explizit gewussten Handlungsorientierungen (Habermas 95 I, S. 452)
Rationalität ist die Disposition sprach- und handlungsfähiger Subjekte und ihrer Verhaltensweisen. Rationale, symbolische Äußerungen mit Geltungsanspruch (explizit/implizit) lassen sich anhand von Argumenten überprüfen:
 

Theoretischer
Diskurs
Praktischer Diskurs Ästhetische Kritik Therapeutische Kritik Explikativer Diskurs
kognitiv-instrumentell moralisch evaluativ EXPRESSIV
-
Wahrheit von
Aussagen, 
Wirksamkeit von ziel-
gerichteten Handlungen
Richtigkeit von Handlungs-
normen (anhand Bedürfnis-
Interpretation und 
Folgenabschätzung)
Angemessenheit
von 
Wertstandards
Wahrhaftigkeit Verständlich-
keit und Wohlgeformt-
heit symbolischer Konstrukte

Der Begriff 'Diskurs' geht von der kontrafaktischen Unterstellung aus, dass grundsätzlich ein rational motiviertes Einverständnis erzielt werden könnte, wenn die Argumentation nur offen und lange genug geführt würde. Daher rührt der Begriff "herrschaftsfreier Diskurs". Siehe: Lerntechnik

Auch Organisationen weisen eine Rationalität auf: Sie haben Funktionen der Anpassung, der Zielerreichung, und sind in ihrer Produktivität und bürokratischen Herrschaft feudalistische/ständisch geprägten Instituionen überlegen.
 

Rationalisierung

Rationalisierung von Lebensordnungen: Institutionalisierung zweckrationalen Handelns (H. 95 II, S. 490, n.Weber). Verdinglichung des Bewusstseins als Ausdruck instrumenteller Vernunft. Der nächste Schritt (n. Lukács): Vision einer verwalteten, total verdinglichten Welt. Mit der Dämonisierung der Zweckrationalität (n. Horkheimer/Adorno) wird aber wird diese mit der Systemrationalität verwechselt.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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