Das Konzept der Schlüsselqualifikationen

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In welchen Zusammenhang kann die Entwicklung von Schlüsselqualifikationen (=SQ) eingeordnet werden? Vorgeschichte:

1951: Ruesch und Bateson beziehen sich auf den 1942 von Bateson geprägten Begriff "Deutero-Lernen", um eine "höhere Ordnung des Lernens" zu beschreiben, die als Synonym für "‘Lernen zu lernen’" angesehen werden kann.

Ein Versuchsobjekt lernt mit dem besonderen Typ des Kontextes umzugehen, mit dem es wiederholt Erfahrung gemacht hat (Ruesch/Bateson 1995, S. 239/40).

Die Definition einer Beziehung hängt nicht bloß vom "Skelett der Ereignisse" ab, die eine Interaktion ausmachen, sondern von der Art und Weise, wie die betroffenen Individuen solche Ereignisse sehen und interpretieren (Ruesch/Bateson 1995, S. 244)

1961: Schlüsselqualifikationen sind "‘Charakterwerte’ wie Zuverlässigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsgeschick, Verantwortungsbereitschaft usw." (Becker in: Meifort 1991, S. 88)

a) Was versteht man unter Proto-Lernen- und was unter Deutero-Lernen?
b) Welche Lernebenen unterscheidet Bateson?
(nach Bateson 1985 (1942), S. 228 ff.)

a) Protolernen ist die Steigerung innerhalb derselben Lernaufgabe eines Subjektes, Deutero-Lernen bezeichnet die forschreitende Veränderung im Grad des Proto-Lernens bei ähnlichen Lernexperimenten. Vgl. Argyris-Schön

b) Lernexperimente könnten als ähnlich bezeichnet werden, wenn es bei Wiederholung zunehmend besser gelingt, sie zu lösen. Aber. Kann ich ein Schwein nur braten, wenn ich den Stall anzünde? Wohl kaum. Es muss also noch eine andere Möglichkeit geben, den durch kulturelle und zivilisatorische Medien wie Sprache, Kunst, Technologie vermittelten und durch apperzeptive (bewusste Aufnahme von) Gewohnheiten strukturierten Ereignisstrom zu vermitteln.
 

Positives Lernen ( im Gegensatz zur Hemmung, dem Lernen, etwas nicht zu tun), ist unter folgende Gesichtspunkte einzuordnen:

Eine andere Klassifizierung von Lernen bezieht sich auf die folgenden, hierarchisch geordneten Lernebenen:

(n. Bateson in Geißler 1995a, S. 373/375):
  1. S-R-Lernen
  2. Problemlösungsfähiges Lernen
  3. Lernen in der Auseinandersetzung mit den zwischenmenschlichen Beziehungen
  4. Lernen, zu lernen (in den Ebenen 1-3) (= Deutero-Lernen)
  5. Lernen in der existentiellen, spirituellen Dimension
(Vgl.: H. Geißler 1995, S. 373)

Welche Begründung ist für das Konzept der Schlüsselqualifikationen 1974 ausschlaggebend - Wie wird diese kritisiert?

Anpassungsfähigkeit an nicht Prognostizierbares wird zum Angelpunkt, notwendig sind offene, rollende Entscheidungen, die die Bildungsplanung / das Bildungssystem betreffen (z.B. flexible Kooperationsstrukturen im beruflichen Bildungswesen und in der Erwachsenenbildung mit dem gymnasialen und universitären Bereich). Der Kanon der Bildungsinhalte ist in weite, Spielräume offenlassende Vorschriften zu fassen. Baukasten: Freiheitsgrad für den Einzelnen wird erweitert, entspricht dem Humanitätspostulat.

Kritik:
Alltagsfrage eines Jugendlichen: Was soll ich werden? kann nicht beantwortet werden. Am besten erst einmal nichts bestimmtes, nichts, was Dich in Deiner Flexibilität / Mobilität beeinträchtigt (Geißler S. 5).

Bei Mertens sei vom Menschen nicht die Rede, außer wenn er die Rolle der Pädagogik erwähnt.
Stimmt nicht: Persönlichkeit!

Welches waren die Gründe für Mertens, 1974 dieses Konzept vorzuschlagen?

  1. Zukünftige Ausbildungserfordernisse können wissenschaftlich nicht prognostiziert werden.
  2. Daher gibt es eine Tendenz zur Verbreiterung des Faktenwissens (Breitenbildung)
  3. Bildungsinhalte, die direkt an die Arbeitsverrichtung gebunden sind, sollen schneller veralten als Bildungsinhalte mit höherem Abstraktionsgrad
  4. Schulung für die Existenz in einer modernen Gesellschaft besitzt drei Dimensionen:
  1. Hinzu kommt, dass der hohen Grad an Arbeitsteilung und der rasche Wandel der Arbeitsplatzverhältnisse "es verbieten, die berufliche Ausbildung unmittelbar auf gegebene Arbeitsplätze auszurichten, da sie dann nur für wenige einander ähnliche Arbeitsplätze verwendbar un die Ausbildungsinhalte so raschem Wandel unterworfen sind, dass Erstellung und Verwendung von Curricula immer hinter der Entwicklung und dem Wandel der Arbeitsplatzanforderungen zurückbleiben müssten" (S. 181)
Gibt es eine Sicherheit vor der Entwertung von Bildungsinhalten?

Abstraktion und Praxisbezug I

"Die Höhe weitet den Blick, der Abstand bringt den größeren Horizont." (K-H. Geißler)

Doppelt merkwürdiges Paradoxon: Das allgemeine Schulwesen nimmt Elemente der beruflichen Bildung auf, das berufliche Bildungswesen nimmt Elemente der Allgemeinbildung auf!

Hypothese: Die Zerfallszeit (das Obsoleszenztempo bzw. das Veraltungstempo) korreliert positiv mit der Praxisnähe und negativ mit dem Abstraktionsvermögen.

Gibt es eine Sicherheit vor der Entwertung von Bildungsinhalten? Wohl schon, wenn es weniger um die Persönlichkeit als um die Kommunikation geht - hier ist Pragmatik angesagt! 

Der hohe Grad an Arbeitsteilung verbietet es, berufliche Bildung unmittelbar auf betriebliche Arbeitsplätze auszurichten. Dies wäre nur auf wenige aneinander ähnliche Arbeitsplätze anwendbar (trifft für alle Zweige des Bildungswesens zu).

Eine genaue Ausrichtung der berufsbezogenen -, oder allgemeinbildender Inhalte würde Arbeitsplatzfeststellungen / -prognosen erfordern, deren Unmöglichkeit oben behauptet wurde.
"Durch Differenzierung und Spezialisierung in der Ausbildung wird mehr Fehlinvestition angerichtet als durch Verallgemeinerung" (Elbers, D. u.a., 1975), ebenso aber auch eine genaue Ausrichtung auf die nicht prognostizierbaren Schlüsselqualifikationen (am)

Konsequenz: Struktur der Bildungswelt, welche die durch Differenziertheit und Fluidität der Arbeitswelt (und anderer sozialer Welten) entstehenden Friktionen minimiert.
Friktionen sind individuelle Beeinträchtigungen der Lebensqualität durch erzwungene Umstellung ebenso wie gesamtgesellschaftliche Konflikte und gesamtwirtschaftliche Reibungskosten infolge notwendiger Umstellungen.

Fehlt es in der beruflichen Existenz an Abstraktionsvermögen oder an Praxisnähe verwertbarer Fähigkeiten?

Abstraktion und Praxisbezug II

Qualifikation beweist sich in konkreten Anforderungen! (Reetz I, S. 4)

alt = unbrauchbar?
Stirbt der Fachmann / die Fachfrau aus? (Wittwer S. 53)

Fachkenntnisse können im Wert sinken oder auch steigen!
Schnelles "Veralten" von Fachkenntnissen wird nicht bestätigt, EDV-Einsatz erfordert auch ein gutes Fundament an berufsfachlichem Wissen (Reetz II, S. 27).
Daher keine Methodenpriorität.

Meines Erachtens gehören breite und spezielle Fachkenntnisse zu den Schlüsselqualifikationen, weil durch deren Aneignung dieser Vorgang eingeübt wird und sich kurzfristig Handlungsfähigkeit erzielen läßt (Am.).

Wie ist die Resonanz auf das Konzept der Schlüsselqualifikationen darauf im allgemeinen und welche Kritik wird daran geübt?

Thesen von Mertens werden nicht mehr infrage gestellt, sondern fanden schon Eingang in die Neuordnung der Metall- und Elektroberufe (Reetz I S.3), ein Anteil von 40 % der theoretischen Ausbildung wird unter dem Gesichtspunkt der Übertragbarkeit auf möglichst viele praktische Anwendungsbereiche des gleichen Berufsfeldes ausgewählt (Klemens in: Meifort 1991, S. 97)

Das Konzept der Schlüsselqualifikationen erfreut sich "allgemeiner Zustimmung" (Reetz I, S.7)

Erziehung aus der Sicht der Gesellschaft, eingeschränkt auf den Bereich Arbeit. D.h. Pädagogik wird in Ökonomie aufgelöst! (K.-H.Geißler S. 3)

Wie ist der Begriff Schlüsselqualifikationen zu definieren?
Bildungsziele; Beispiele für Umsetzung;
Die nach dem Schlüsselqualifikationskonzept entwickelten Lernziele sind weniger allgemein als Mobilität oder Mündigkeit, aber allgemeiner als die üblichen Fächer des Bildungskanons (Deutsch, Latein, Buchführung, Schweißtechnik). Solche Lernziele meinen besondere Voraussetzungen des Einzelnen in der "modernen" Umwelt (s.1.). (Mertens)

Der Erwerb von Schlüsselqualifikationen schafft eine höhere Sicherheit, wenn die unmittelbare Situationsgebundenheit von Qualifikationserwerb und - verwertung abnehmen.

Schlüsselqualifikationen werden verstanden als "Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten, praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderung von Anforderungen im Laufe des Lebens" (D. Mertens 1974, S. 40, in. Mattern/Weißhuhn 1980, S. 181) produzieren (Am).

Ebenso müssen sie einen raschen Anwendungstransfer ermöglichen (dies wäre experimentell zu prüfen). Solche Lernziele werden als Schlüsselqualifikationen bezeichnet, weil sie zur Beschreibung ihrer Schlüsselrolle für die Erschließung von Verstehens- und Verarbeitungs- und Verhaltensmustern geeignet erscheinen (Mertens). Sie beschreiben, wie anhand von konkreten Aufgaben das Wissen um die Übertragbarkeit auf andere, ähnliche Situationen hergestellt wird! (Am)

Auf einer Skala zwischen "Person" und "Situation" verschiebt sich der Schwerpunkt zur Persönlichkeit (Reetz I, S.4).

Aber: Ein jeder Fortschritt ist nur immer halb so groß, wie er zuerst ausschaut (K-H.Geißler). Der Begriff Schlüsselqualifikationen suggeriert längerfristige Gültigkeit, man bekommt sozusagen den Schlüssel für die Zukunft in die Hand (Vgl. Alice S. 15/16), d.h. ein Rundum-Panorama über die alltäglich benötigten und immer rascher erneuerbaren Fähigkeiten und Fertigkeiten (Geißler).

Kann man mit Hilfe von Schlüsselqualifikationen die Tür aufmachen (Methapher, Am.), um im Beruf erfolgreich zu sein, um sich vor Arbeitslosigkeit zu schützen? (Becker in Meifort 1991, S. 83)

Life-long-learning - bzw. lebensbegleitendes Lernen EU 1996!

Wird von Gewerkschaftern, Bildungspolitikern und -planern, Ausbildern sowie Wissenschaftlern akzeptiert. Beliebt, weil jeder etwas anderes darunter verstehen kann (Reetz I, S. 3).

Die Mittel, über die das Subjekt, das EGO, verfügt, liegen auch in seiner eigenen Person und werden damit zur Situation gerechnet (Am n. Parsons). Schlüsselqualifikationen gehören dazu, sind also nur als subjektiv verfügbare Mittel zu betrachten. Daher entsteht für den Beobachter der Eindruck der Beliebigkeit

Im Gegensatz zur Tendenz in der Lernzielorientierung, Unterrichtspraxis auf dem Niveau atomistischer Wissensreproduktion festzuschreiben und in beziehungslose Theorie-Praxis-Teile zu spalten (Reetz I, S. 6), enthalten Kataloge von Schlüsselqualifikationen "etwa" folgende Kategorien, die auch als übergeordnete Bildungszielen verstanden werden können. Mit ihnen kann ein "reiches Spektrum praktischer Aufgaben durch direkten und raschen Anwendungstransfer erschlossen" werden, dies muss aber noch "experimentell überprüft" werden. Damit bekommen sie eine "Schlüsselrolle":

Schlüsselqualifikationen: besonders prägnanter Begriff für bestehende Konzepte (Elbers, D. u.a., 1975).

Ein diffuser Schlüsselqualifikationsbegriff wird begründet mit den Annahmen einer Formalbildungstheorie (Reetz II, S.27)

Es gibt keinen allgemeinen Konsens darüber, was Schlüsselqualifikationen sind. Nicht jeder Schlüssel paßt zu jedem Türschloss! Hinter jeder geöffneten Tür erscheint eine neue Tür, und ich weiß nicht, ob ich für jede den richtigen Schlüssel dabei habe (s.a. Alice S. 15/16 !)(Wittwer 1990, S. 54 )

"Wissenserwerb ist untrennbar verbunden mit der Bildung des Geistes und selbst der Person" (Lyotard), "Bildung läßt sich vom Leben nicht trennen, worin man doch immer wieder als ein Eigener lebt und steht" (R.Walser n. K.-H. Geißler).

Eben dieses Element geht in der Abstraktion verloren. Der Verlust des Eigenen macht die Schlüsselqualifikationen so interessant für den Arbeitsprozess. (Geißler S.4)

Ausgangshypothese:

Spezialisierter Fähigkeitserwerb verlagert sich in das "training on the job"?

Aufzählen-können und Sammeln von Fakten wird durch Zugriffswissen abgelöst?

Praxisorientierung bedeutet Faktenorientierung?

"Bildung bedeutet hier vor allem Befähigung zur Problembewältigung. Schulung ist Denkschulung."

In der päd. Diskussion wird gerade nicht die Tendenz zum Verlangen reinen Faktenwissens betont, sondern generalisierbare Qualifikationen (Elbers, D. u.a., 1975)!

Sachwissen und Handlungswissen ist erforderlich (Reetz II, S. 27/28)!

Eigene Gegenthese (Am): Wird die Schulung hingegen auf einen konkreten Verwendungszweck im Arbeitsleben hin orientiert, lernt der Auszubildende exemplarisch. An einem anderen Gegenstand muss er einen ähnlichen Weg gehen - vielleicht gelingt es ihm besser, er lernt aus Fehlern oder benutzt andere Hilfsmittel.

Welche Bildungsziele können als verallgemeinerte Schlüsselqualifikationen angesehen werden (Beispiele)? - Was unterscheidet Schlüsselqualifikationen von der Tendenz zur reinen Lernielorientierung?

siehe auch: Bildungsbegriff; Klassifikation;
Im Gegensatz zur Tendenz in der Lernzielorientierung, Unterrichtspraxis auf dem Niveau atomistischer Wissensreproduktion festzuschreiben und in beziehungslose Theorie-Praxis-Teile zu spalten (Reetz I, S. 6), enthalten Kataloge von Schlüsselqualifikationen "etwa" folgende Kategorien, die auch als übergeordnete Bildungsziele verstanden werden können. Mit ihnen kann ein "reiches Spektrum praktischer Aufgaben durch direkten und raschen Anwendungstransfer erschlossen" werden, dies muss aber noch "experimentell überprüft" werden. Damit bekommen sie eine "Schlüsselrolle" (Mertens 1974, Nr. 21/22):

(alle obigen nach Mertens 1974) Welche Funktion haben Schlüsselqualifikationen?

n. Habermas: allgemeine Reflexion ist der beruflichen Qualifikation übergeordnet.
Stattdessen Leu: fachliche werden auf allgemeine, praktische auf theoretische Kompetenzen bezogen (Reetz I, S. 7)

"Kern des Schlüsselqualifikationskonzepts ist das pädagogische Recycling" (Kh. Geißler S. 3)

Schlüsselqualifikationen sind losgelöst von der konkreten Situation, abgekoppelt von der konkreten Auseinandersetzung mit Personen und Materialien. Das macht sie abstrakt offen und flexibel gegenüber beliebigen Anforderungen (K-H. Geißler S.4)

Reetz (1976) verweist auf die sich verschärfende Problematik, abstraktes Wissen auf konkrete berufliche Situationen zu beziehen (Reetz I, S. 5)

Schlüssel zum Erschließen von Spezialwissen bedeutet auch: Schlüsselqualifikationen haben nur eine Platzhalterfunktion, die Notwendigkeit zur Fachqualifikation bleibt! (Wittwer 1990, S. 58)!

Frühere Qualifikationsraster in Zeiten geringerer Dynamik (zu vergleichen mit Schlüsselqualifikationen):
Kulturtechniken: Lesen, Schreiben , Rechnen, für die Intelligenz im Abendland Latein, aristotelische Logik, euklidische Mathematik, Theologie (Scholastik) und in jüngerer Zeit Jurisprudenz ... . Kenntnisse auf diesen Gebieten boten universelle Verwendbarkeit.

Der Umfang der Qualifikationen lässt sich heute nicht planen, sonst müsste man die Qualifikationen der Absolventenströme in Berufsfelder langfristig festlegen, um strukturell den Anforderungen der Tätigkeitsfelder in der Zukunft gerecht werden zu können. Dies erscheint angesichts der Prognoseunsicherheit problematisch. (Mattern / Weißhuhn 1980, S.185).

Hypothese: Die Bedeutung von Bildungselementen mit Schlüsselcharakter wächst, je dynamischer, komplexer und unvorhersehbarer die ... Entwicklung läuft.

Das bedeutet: Schlüsselqualifikationen müssen überdauernde Qualifikationen sein und den Schlüssel zur beruflichen Zukunft darstellen (Am., nach Wittwer 1990, S. 56).

Kritik: Wittwer führt ein anderes Beispiel im Zusammenhang mit Einführung dieser Werkzeugmaschinen - Technologie auf: Werkzeugmacher, Vorrichtungsschlosser, Pneumatiker und Energieanlagenelektroniker müssen als Team kooperieren, müssen Entscheidungen treffen. Ist allerdings die neue Technik erprobt, wird ein einzelner Facharbeiter zur Bedienung ausreichen. Die Schlüsselqualifikation Kooperationsfähigkeit wird nicht mehr benötigt (Wittwer 1990, S. 55/56).

Schlüsselqualifikationen selbst unterliegen dem Wandel.
Widerspruch zur überdauernden Eigenschaft!. Lösung: Schlüsselqualifikationen müssen für eine Epoche gelten! (Am)

Unter Schlüsselqualifikationen werden Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden, die sich nicht auf einzelne Arbeitsfunktionen beziehen und die längerfristig Gültigkeit besitzen (n. Wittwer 1990, s. 53)

Curriculare Umsetzung von Schlüsselqualifikationen ist extrem aufwendig, z. T. dem affektiven Bereich zuzuordnen. Trotzdem muss damit begonnen werden.

Brater: Breit angelegte Berufsbildung, ganzheitlich, einschließlich des affektiven Bereichs (Reetz I, S. 7)

Operationalisierung bedeutet zunächst den Versuch einer Ordnung verschiedener Typen von Schlüsselqualifikationen mit Ideen zur Zuordnung von Lehrgebieten. Dann folgt die Transformation in realisierbare Lehrstoffe. (paradigmatisch oder abstrakt-formal - Entscheidung der Didaktik nach pädagogischen Kriterien, nach Wirkung auf die Lernmotivation).

"Jetzt, wo die Berge nahezu flächendeckend erschlossen sind, werden nun die Seilbahnen, die Lifte und die Waldschneisen zum pädagogischen Höhenerlebnis installiert und präpariert" (K.-H. Geißler S. 3)

Begründung entfällt, da das Fachwissen doch eine große Rolle spielt (siehe Beispiel EDV)(Am).

Schlüsselbedeutung haben (behelfsweise genannt) vier Typen von Bildungselementen:

Wie werden Schlüsselqualifikationen eingeteilt? Beispiele

Genannte vier Qualifikationen sind als Theorieversuch zu invarianten Bildungsdimensionen zu werten ? - sie müssten empirisch überprüft werden (Elbers, D. u.a., 1975)!

Basisqualifikationen. (z.B. logisches., kritisches Denken, ...)
(31-33), (z.B. analytisches Vorgehen; Krankenpflege: Ressourcen wahrnehmen)

Horizontalqual.
(Wesen von Informationen, Sprachen ...) (34)

Breitenelemente (Kenntnisse und Fertigkeiten über breite Tätigkeitsfelder, herauszufinden durch Analyse von Ausbildungs- und Tätigkeitsnormen) (35-35)

Vintage-Funktionen (Ausgleich von Leistungsdifferenzen zwischen den Generationen (Mengenlehre, Programmieren) (37-38)

Elbers, D. u.a., 1975:
Basisqual. und Horizontalqual. sind Bildungsziele, Breitenelemente und Vintage-Faktoren sind Bildungsinhalte

Ziele und Inhalte lassen sich als Matrix verbinden.

Kritik an Mertens: Ordnung nur nach Abstraktionsgrad, nicht nach Komplexitätsgrad (Reetz I, S.. 9)

Fast alle in den Schlüsselqualifikations-Katalogen der Pädagogik vorfindbaren Bildungsziele sind Basisqualifikationen.
Beispiel: grammatisches Wissen auf die Verständigung in fremden Sprachen anwenden

Genannte Beispiele sind nur im kognitiven Bereich angesiedelt. Lerntheorie als Grundlage ist nicht ausgewiesen (Elbers, D. u.a., 1975).

Durch Gewinn an Höhe näher zu den Fundamenten? (K.-H. Geißler)

Die meistzitierten Basisqualifikationen sind
logisches Denken, konstruktives-, dezisionistisches-, kooperatives Denken, Planungstechniken ..., hinzugefügt werden muss Lernfähigkeit und Lernen zu lernen.

"Mit dem Aufstieg, und das ist nicht nur physiologisch gemeint, wächst auch die Gefahr des Schwindels. Nicht zuletzt, da man sich vom Fundament immer mehr entfernt" (K.-H. Geißler S. 3)

Konkretisierung und Übersetzung: aus der benannten Basisqualifikation wird das Erkenntnisziel spezifiziert, sodann in Lehrstoffe konkretisiert. Z.B. : Bildungsziel kooperatives Vorgehen, Konkretisierung in sozialen Spielregeln und -techniken, vermittelt am Lehrgegenstand konkreter Spiele. Besseres Beispiel: Kreatives Vorgehen - assoziatives Denken - brainstorming. ...

Kritik. Inhalte sind nicht am Arbeitsprozess orientiert.

Enormer Weiterbildungsaufwand für das Lehrpersonal (Mattern/Weißhuhn 1980. S. 185)!

Horizontalqualifikationen sollen horizonterweiternd sein, insbesondere ist dies ein "Schlüssel": die "Informiertheit über Informationen", konkretisiert als Wesen von Informationen, als Lehrgegenstand die Semiotik. Das als Verarbeiten von Informationen konkrete Bildungsziel zeigt sich beispielsweise im Verstehen des Wirtschaftsteils einer Zeitung.
Für Führungskräfte können Schlüsselqualifikationen auch Metaqualifikationen sein, d.h. inhaltliches Lernen wird durch die Technik des Lernens ersetzt

Genausogut könnte es der politische Teil der Zeitung sein (Elbers, D. u.a., 1975).

Wieso ist diese Informiertheit dann nicht eine Basisqualifikation (Elbers, D. u.a., 1975)?

Breitenelemente: Spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten, nicht klassifikatorisch übergeordnet, über breite Felder der Tätigkeitslandschaft - nachweislich als praktische Anforderungen am Arbeitsplatz. Auffindbar durch Ausbildungs- und Tätigkeitsnormen.

Maßnahmen zur Ermittlung der SQ wirken unzulässig verkürzt (Elbers, D. u.a., 1975).

Breitenelemente sind Kulturtechniken wie die vier Grundrechenarten und auch Kenntnisse über Messtechnik, Arbeitsschutz und Maschinenwartung. Sind letztere in allen Ausbildungsvorschriften vorgesehen, empfiehlt sich die Übernahme in den Allgemeinbildungskanon; es sind verallgemeinerungsfähige Fragen.

Möglicherweise handelt es sich nur um eine semantische, nicht über eine pragmatische Identität!

Die Technikorientierung wieder im Vordergrund (wie 1961) - Becker in Meifort 1991, S. 88/89)

Arbeitstugenden (vgl. FR 1989)

Denaturierung: "‘Kundenberatung’ denaturiert" zu "‘Reaktionsprofilen’" in Abhängigkeit von "‘Kundentypologien’" (Becker in Meifort 1991, S. 91/92)

Vintage-Faktoren bezeichnen den Unterschied aufgrund der Weiterentwicklung der Schullehrpläne zwischen den Generationen..

Vintage-Funktionen - Probleme bei der Durchsetzung: ließen sich zwar eliminieren, jedoch nicht die Probleme bei der Qualifikation des Lehrpersonals (Grenzen schon bei der Mengenlehre) - man bedenke die Folgekosten für die Weiterbildung des Lehrpersonals (Mattern / Weißhuhn 1980, S.185)..

Kurse können diese Defizite der Älteren aufholen, z.B. Englisch, Mengenlehre, EDV ..., um Handikaps auszugleichen.
 
 

Welchen Charakter soll eine künftige Schulungszivilisation bzw. ein zukünftiges Bildungswesen haben?

Kern- und Wahlbildung

Hypothese: Schlüsselqualifikationen (Thesen 21-38), oder eine Auswahl daraus, stellen"den Kern einer künftigen Schulungszivilisation dar", die die "bleibende Überlegenheit über Informationen" sichern sollen.

Die Ermittlung eines vollständigen Kataloges von Schlüsselqualifikationen und ihre anschließende Zusammenfassung nach Wirtschaftsbranchen und Tätigkeitsmerkmalen...

Das "flexible Baukastensystem von Bildung" besteht ... am besten aus einem Pflichtkanon mit Schlüsselqualifikationen zu 50%, und einem breiten Angebot an Spezialisierungs, Vertiefungs- und Komplementärkursen. Dies gilt für alle Bildungsebenen und -zweige. So wird die Schulung für eine moderne Gesellschaft zu einer Bildung für eine moderne Gesellschaft erweitert.

... sowie Zuordnung zu bestimmten Schulformen bedeutet immensen Forschungsaufwand. Die Zahl der möglichen Qualifikationen ist nicht bekannt - die Zeit für Bildungsprozesse ist knapp (Elbers S. 27/28).
 
 

Schlüsselqualifikationen und Erwachsenenbildung

Schlüsselqualifikationen sind die Ausrüstung für eine permanente Erziehung; Schlüsselqualifikationen von heute stellen den Schlüssel für das Verständnis von morgen dar. Inhalte und Ziele müssen im Weiterbildungssystem freiwillig bleiben, wenn nicht Bildung ausschließlich als Schulung betrieben werden soll.
 
 

Welches sind die Merkmale der Planung eines Schulungs- / Bildungskonzeptes für eine moderne Gesellschaft?

Raffung: die zweite Alphabetisierung

Ein Schulungskonzept für eine moderne Gesellschaft enthielte folgende Elemente:

Insbesondere Ausbildungsinhalte (Sek. II) sollten auf spezifische Schlüsselqualifikationen orientiert sein und mit der allg. Bildung abgestimmt sein.

Qualifikations- und Absolventenplanung nicht in Abschlusskategorien - Aufgabe des Berufsbegriffs Womit ist belegt, daß Schlüsselqualifikationen erforderlichen, realen Verhaltensdispositionen entsprechen und allen anderen Qualifikationen überlegen sind?
Oder lassen sich alle konkreten Qualifikationen auf Schlüsselqualifikationen beziehen? (Am)

Schon der Begriff Schlüsselqualifikationen ist irreführend, weil durch Qualifikationsprozesse und Zertifizierung gesellschaftliche Ungleichheit stabilisiert wird. Haben alle diesen Schlüssel, müßte man eine neues Hindernis erfinden. (S.5) (siehe Alice). Trotzdem notwendig: auch sozialer Abstieg erfordert Weiterbildung!

Gestaltungsspielraum, Chancen für Weiterbildung zu vergeben. liegt in der Hand von Vorgesetzten (S. 5).

Wie soll die Lernerfolgskontrolle verfahren?

Effizienz der Ausbildung ist zu erhöhen!

Allerdings ist erheblicher Forschungsaufwand notwendig.

Der Einzelne, das Subjekt, existiert nur noch als Träger von verwertbarer Arbeitsleistung (Geißler)

Es ging zunächst nicht um die Förderung des Einzelnen (n. Becker in: Meifort 1991, S. 82)
 

Welche Begründung wird heute für das Konzept der Schlüsselqualifikationen gegeben?

Schlüsselqualifikations-Konzepte werden heute nicht mehr mangelnder Prognostizierbarkeit begründet. Gerade Veränderungen im Beschäftigungssystem werden zum Anlaß genommen, Aus- und Weiterbildung an einem Konzept von Schlüsselqualifikationen zu orientieren. Arbeitsstrukturen entwickeln sich von stark arbeitsteiligen zu mehr funktionsintegrativen und ganzheitlichen Formen (Reetz I, S. 5)

Welche Innovationen sind aufgrund des Schlüsselqualifikationskonzeptes bisher erfolgt (n. Reetz II)?

Laur-Ernst berichtet von einem Modellversuch (Ausbildungsmittel für CNC-Technik), in dem folgende Qualifikationen unterschieden werden:

  1. Ziel- und gegenstandsgebundene Entwicklung der Fähigkeiten (Reetz I, S. 8)
  2. Wacker-Chemie: Arbeitsplätze als Lernplätze (Reetz S. 24 /25)
  3. Siemens ("Petra"): die individuell betonten (syst. Vorgehen, Initiative, Entscheidungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit und Lernbereitschaft) und sozial betonten (Teamfähigkeit, soziale Sensibilität und Verantwortung, Hilfsbereitschaft, Fairness) Schlüsselqualifikationen werden pragmatisch instrumentalisiert: Organisation der Übungsaufgabe, Komm. und Koop., Anwenden von Lern- und Arbeitstechniken, Selbständigkeit und Verantwortung, Belastbarkeit. Taxonomisiert nach den Komplexitätsstufen des deutschen Bildungsrates (Reproduktion, Reorganisation, Transfer, Problemlösen) - Ausbilderhandbuch - Beobachtungsprofil (Reetz II, S. 25)

  4. (Kritik: (Becker in Meifort 1991, S. 90/91): konformes Arbeitsverhalten, nicht selbständiges und kreatives Vorgehen, d.h. Technik bestimmt die Didaktik! Betrieb: Zweckrationales Handeln! Stimmt nicht nur - gerade Kreativität ist gefragt)

    Schlüsselqualifikationen aus konkreten Aufgaben ableiten

  5. Schule: komplex auf der oberen Stufe, auf der unteren Stufe nicht wiederzufinden. nur reproduktiv
  6. Als Ausbilder / Lehrer hat man solche zu bewältigenden Aufgabenstellungen zu geben und für eine pädagogische Gestaltung des betrieblichen und schulischen Ausbildungsplatzes. Auf diese Weise erwirbt er sich die nötigen Fähigkeiten
  7. Situativ-fachliche Verankerung von abstrakten und komplexen Fähigkeiten
  8. Grundvoraussetzung für Transfer im Sinne der Rekonkretisierung abstrakter und komplexer Elemente ist die Fähigkeit zum analogen Schließen, ist Wissen aus möglichst vielen, verschiedenartigen Realitätsausschnitten
  9. selbstgesteuertes, entdeckendes Lernen, aktiv problemlösend
  10. Schlüsselcharakter konkreter beruflicher Situationen des Lernens und Arbeitens herausfinden
  11. Lernarrangement
  12. Handlungstheorie durch Lerntheorie fundiert
  13. Begriffe sind Abkömmlinge des Handelns, Residuen werden positiv formuliert (n. Parsons)
  14. Wissen bezieht sich auf Handlungsstruktur und auf Sachstruktur!
  15. Entdeckungslernen: Diskrepanz zwischen vorhandenen und zu lernendem Schema. Lösung: erweiterte Komplexität - entspr. Forderung der Schlüsselqualifikationsprogrammatik
  16. Um den Ansprüchen einer ganzheitlich orientieren Persönlichkeitsbildung Rechnung zu tragen, müsste sich die Systematik von Schlüsselqualifikationen am Modell von H. Roth orientieren (S. 9 / 10 und S. 29).
  17. Gegen innere Kündigung und Motivationsverlust: Gestaltungsräume in Schule und Betrieb öffnen. Kein fortlaufendes Skill-Training (S. 29)
Welches sind die wichtigsten Planungsaspekte zur Umsetzung des Konzeptes der Schlüsselqualifikationen?

Quellen:

  • Bateson, G.: Ökologie des Geistes, Frankfurt (M) 1985
  • Elbers, D. u.a., 1975: Zur Diskussion: Schlüsselqualifikationen - ein Schlüssel für die Berufsbildungsforschung?

  • Elbers, D., Heckenauer, M, Mönikes, W., Pornschlegel, H., Tillmann, H. in: BWP 4/75 (BiBB - Gruppe)

  • Cangulheim, G.: Das Normale und das Pathologische. München 1977

  • Foucault, M.: Die Archäologie des medizinischen Blicks. München 1974

  • Foucault, M: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt/M. 1974

  • Frankfurter Rundschau vom 24.09.1989: Die Mär vom goldenen Schlüssel für eine goldene Zukunft

  • Geißler, H.(Hg.): Organisationslernen und Weiterbildung: die strategische Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft. Neuwied, Kriftel, Berlin 1995

  • Geißler, Kh.A.: Schlüsselqualifikationen: Der Alpenmythos - pädagogisch arrangiert. Vortragsmanuskript, München, o.J.

  • Mattern, C., Weißhuhn, G.: Grundprobleme der Verknüpfung von Bildungssystem und Arbeitsmarkt.
    In: ders.: Einführung in die ökonomische Theorie von Bildung, Arbeit und Produktion. Frankfurt 1980,

  • Meifort, B.: Schlüsselqualifikationen für gesundheits- und sozialpflegerische Berufe, (Ergebnisse der Hochschultage Berufliche Bildung). Alsbach/Bergstraße 1991

  • Meifort, B.: Schlüsselqualifikationen für gesundheits- und sozialpflegerische Berufe. Alsbach/ Bergstraße 1991

  • Mertens, D., 1974: Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft und
    Schlüsselqualifikationen und Berufsbildung - Versuch einer Erwiderung
    Veröffentlicht in Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung H. 1 / 1974 und H. 4 / 1975, Nachdruck in: Buttler, F. und Reyher, L. Wirtschaft - Arbeit - Beruf - Bildung, Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung des IAB, Nürnberg 1991 (wiedergegeben in der linken Spalte, dort ohne besondere Quellenangabe)

  • J. Ruesch, G. Bateson: Kommunikation: Die soziale Matrix der Psychiatrie. Heidelberg 1995

  • Reetz, L.,1989: Zum Konzept der Schlüsselqualifikationen in der Berufsbildung. Teil I und Teil II. BWP 5/89 und 6/89

  • Wittwer, W. (Hg.): Annäherung an die Zukunft. Weinheim/Basel 1990
     
     


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